Leseempfehlung

von Susanne Juliane Seyfried (Lerntherapeutin in Villingen-Schwenningen)

Anna und Peter sind beide 8 Jahre alt und gute Freunde. Sie haben sich sehr auf die Schule gefreut. Aber irgendwie klappt das Lesen und Schreiben nicht so recht und sie sind immer viel langsamer als die anderen Kinder. Als Peter im Unterricht laut vorlesen muss, ist er so nervös, dass er einige Buchstaben vergisst und sich immer wieder verliest. Die Kinder in der Klasse lachen über ihn, das macht Peter sehr traurig und sogar wütend, er kämpft mit den Tränen.
In der Pause vertraut er sich Anna an und sagt ihr, dass er nicht lesen kann. Anna geht es genauso und von da an sind sie unzertrennlich. Auch beim Schreiben haben beide ihre Schwierigkeiten, Buchstaben werden vergessen und Wörter immer wieder falsch geschrieben.

Eines Tages taucht Lund auf, ein kleiner blauer Hund, der Anna und Peter von nun an begleitet. Lund, der Lese-Rechtschreib-Hund knurrt immer ganz leise, wenn ein Wort falsch geschrieben wird. Er begleitet beide durch dick und dünn und unterstützt sie bei ihren täglichen Herausforderungen. Lund ist z.B. an ihrer Seite, als sie Lisa, eine Psychologin aufsuchen, die mit ihnen einige Tests (aber natürlich ohne Noten) macht, um herauszufinden, wie sie beide beim Lesen und Schreiben lernen unterstützen kann. Lisa erklärt den beiden Kindern auch, dass sie mit ihren Schwierigkeiten in der Schule nicht alleine sind. Denn auch berühmte Persönlichkeiten wie Einstein oder Walt Disney hatten eine Legasthenie.

In den sieben Kapiteln des Buches kann man sich als Leser sehr gut in die Situation der beiden Charaktere hineindenken, wie es ihnen in der Schule beim Vorlesen geht, welche Herausforderungen sie beim Schreiben meistern müssen und wie sie dann aber auch schrittweise lernen, mit ihren Schwierigkeiten besser umzugehen - auch durch die Unterstützung von Lerntherapeutin Barbara. Lund ist dabei immer ihr treuer Begleiter und sorgt auch für viel Spaß, da er ab und zu auch Unfug im Kopf hat. Manchmal wird Lund auch von Jula, seiner Hundefreundin begleitet.

Das Buch Anna, Peter und Lund, der Lese-Rechtschreib-Hund lässt uns in den Alltag von den beiden Kindern Anna und Peter eintauchen und möchte aufzeigen, dass Kinder mit einer LRS/Legasthenie nicht alleine sind. Wir erfahren, welche Herausforderungen die beiden in der Schule haben und können ihren Weg von der Diagnostik zur Lerntherapie verfolgen. Dabei begleitet sie die ganze Zeit, Lund, ein kleiner blauer Hund, der immer wieder Unfug im Kopf hat und so die Geschichte sehr sympathisch auflockert.

Das Buch hat eine einfache Lesbarkeit (entspricht dem Lix für die 2. Klasse). Der Textumfang liegt bei L (über 1000 Wörter). Ich würde das Buch unter Basisfähigkeiten einsortieren, aus dem einfachen Grund, da Kinder mit einer schweren Lesestörung es noch nicht selbst gelesen bekommen.
Da das Buch recht umfangreich ist, empfehle ich es in Begleitung der Eltern oder auch im Unterricht zu lesen. Ein Kind mit einer stark ausgeprägten Leseschwäche wird vom Umfang des Buches erst mal erschlagen sein. Eine Geschichte, die einfach mal so nebenbei gelesen werden kann, ist es daher nicht. Die Geschichten um Anna und Peter enthält sehr viele neue Themen (was ist Legasthenie, was macht eine Psychologin, was wird in einer Lerntherapie gemacht), die auch verarbeitet werden müssen. Die Stärke des Buches sehe ich in der Vielfalt der Themen und in das Eintauchen in die Gefühlswelt der beiden Charaktere.

Das Buch hat ein handliches Querformat in DIN A5 und umfasst 91 Seiten, die in 7 Kapitel unterteilt sind. Einige Kapitel sind sehr lang. Es wäre hilfreich gewesen, wenn die Kapitel ungefähr gleich lang wären, um nach inhaltlichen Abschnitten die neuen Informationen in Ruhe zu verarbeiten. So muss man bei den längeren Kapiteln ggf. selbst entscheiden, wann eine kurze Pause hilfreich wäre.

Das Buch ist in der Druckschrift SÜD geschrieben. Diese Schrift ist serifenlos, was für leseschwache Schüler meist leichter zu lesen ist. Allerdings fällt bei der gewählten Schrift auf, dass das große I ein wenig dem J ähnelt und für mich auf den ersten Blick verwirrend war.
Die Sätze sind kurz, die Sprache ist einfach gehalten, die kurzen Absätze helfen, das Buch in kleine Einheiten zu strukturieren. Auf einigen Seiten finde ich den Textumfang zu groß. Die farbigen Bilder helfen, in die Geschichte einzutauchen. Besonders ansprechend sind die Seiten mit Lund. Man spürt als Leser, dass Lund immer da ist, wenn man ihn braucht.

Informationsteil und Unterrichtsmaterial auf der beiliegenden CD

Auf der beiliegenden CD befinden sich viele weiterführende Informationen. Leider gibt es Familien, die keine Möglichkeit haben, die CD abzuspielen. Daher hoffe ich, dass der Verlag das begleitende Material zukünftig z.B. über einen Download zur Verfügung stellt.
Das Material auf der CD ist sehr umfangreich.

Es gibt 26 Arbeitsblätter zu den Themen Empathie, Gefühle, Umgang mit Wut, Eigenwahrnehmung / Selbstmotivation / Selbstorganisation, aber auch Sachwissen (was ist eine Legasthenie) und abschließend etwas zum Thema Inhalt/Nacherzählung. Für die einzelnen Themen gibt es jeweils konkrete Empfehlungen, für welche Klassenstufe sich das Thema eignet. Wenn es um das Thema Legasthenie geht, wird die 4./5. Klassenstufe empfohlen. Aufgrund der Aufmachung des Buches mit den kurzen Sätzen hätte ich das Buch auf den ersten Blick nicht für eine 5. Klasse verwendet. Das zeigt jedoch auf, wie vielfältig das Begleitmaterial ist, obwohl für Klasse 5 der Lesetext zum Thema Legasthenie grundsätzlich länger und ausführlicher sein könnte.

Da das Buch im Jahr 2011 erschienen ist, wäre jetzt ein guter Zeitpunkt, die Literaturangaben zu überarbeiten. Auch die weiterführenden Links sollten überarbeitet werden, da einige leider ins Leere laufen.

Fazit:
Insgesamt ein tolles Buch mit vielen Anregungen auch für die innerschulische Verwendung, um das Thema LRS umfassend zu thematisieren. Familien, die ganz neu mit dem Thema LRS konfrontiert werden, werden hier liebevoll von der Diagnostik bis hin zur Lerntherapie an die Hand genommen und begleitet.
Wenn zukünftig die Möglichkeit besteht, die Begleitmaterialien als Download zu erhalten und die weiterführende Literatur inklusive Links überarbeitet wird, ist es eine klare Leseempfehlung für daheim und in der Schule. Der Hund Lund ist ein echter Mutmacher und zeigt beim Lesen des Buches immer wieder auf, du kannst alles schaffen, wenn du es möchtest und du bist mit deinen Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben nicht alleine.

 

 

weitere Lesetipps

Melin - Leben mit Legasthenie und wie man damit umgeht
Rahel Messerli
Luftschacht Verlag

Fuffi der Wusel
Tim-Thilo Fellmer & Hans Ullrich
TTF-Verlag

Leon Reed - Zack ins Abenteuer
Sabine Kruber
Oetinger34