ABC und andere Irrtümer

          über Orthographie, Rechtschreiben, LRS/Legasthenie
Günther Thomé
Verlag für sprachliche Bildung (isb)

Ratgeber

Wenn Sie wirklich mitreden wollen, wenn es mal wieder um Orthographie, Rechtschreiben, Schriftspracherwerb und LRS/Legasthenie geht, dann könnte es bestimmt für Sie von Interesse sein, dieses Buch zu lesen. Ein leider immer noch un-erhöhrt-es Buch! Quelle: Verlag für sprachliche Bildung (isb)

Leseempfehlung

von Sabine Kruber

Das ABC als Irrtum. Wie muss man das denn verstehen? Mit dem ABC schreiben und lesen wir die Laute unserer Sprache. Klingt erst mal logisch, ist aber leider nicht so, also ein Irrtum. Warum das so ist, erklärt Günther Thomé in diesem Buch auf spannende, unterhaltsame und durchaus auch lustige Art und Weise.
Schwerpunktmäßig geht es zwar um die Rechtschreibung, aber es gibt auch allerelei Interessantes zum Thema Lesen.
Wir haben viel mehr Laute als Buchstaben. Da nicht jedem Laut ein Buchstabe zugeordnet werden kann, werden manche Laute mit mehreren Buchstaben verschriftet wie z.B. das sch, weswegen man auch nicht von Buchstaben, sondern von Graphemen spricht. Es gibt eingliedrige Grapheme. Das m steht auch für den entsprechenden Laut und es gibt mehrgliedrige Grapheme das sch steht für den entsprechenden Zischlaut. Dann gibt es Grapheme, die für mehrere Laute stehen – das e steht zum Beispiel gleich für drei Vokallaute. Andere Grapheme wie das z oder das x enthalten zwei Laute.
Günter Thomé und seine Frau Dorothea Thomé haben die einzelnen Grapheme nach ihrer Häufigkeit aufgeschlüsselt und daraus das Basiskonzept® zum Lesen und Schreiben lernen entwickelt.
In dem vorliegenden Buch wird mit so einigen Vorurteilen aufgeräumt – zum Beispiel, dass man die Rechtschreibung gut lernt, wenn man viel liest. Dem ist leider nicht so, wenn man einmal davon absieht, dass Lesen den Wortschatz erweitert, was sich natürlich auf das Schreiben auswirkt. Einzelne Wortbilder prägt man sich auf diese Weise jedoch nicht ein.
Linguistik muss nicht staubtrocken sein. Herr Dachtemann und Herr Weißmann, zwei wuschelig gezeichnete Figuren, haben zu dem Thema eine Menge zu sagen und führen durch die einzelnen Kapitel. Herr Dachtemann hängt herkömmlichen, weit verbreiteten Meinungen an und sieht keine Notwendigkeit, diese zu hinterfragen. Herr Weißmann ist offen für neue Erkenntnisse, auch wenn die nicht immer stimmen müssen.
Einblicke gibt es auch in die schulische Schriftsprachvermittlung und in die universitäre Lehrerausbildung. Wer das Buch liest, kann sich ein gutes Bild davon machen, warum heute so viele Kinder Probleme mit dem Lesen und Schreiben haben. Etwas ernüchternd ist dabei aber leider die Erkenntnis, dass es für Lehrer und erst recht für Eltern nicht einfach ist, an diesem Missstand etwas zu ändern.
Unterhaltsam, informativ und leicht verständlich hat Günther Thomé Ergebnisse der Schriftspracherwerbsforschung aufbereitet, sodass dieses Buch auch für den Laien interessant ist. Zwischendurch gibt es kleine Experimente zum Ausprobieren, die verblüffen. Witzige Zeichnungen lockern das Thema ebenfalls auf. Man merkt dem Autor die Leidenschaft für das Thema an.
Bis 2015 forschte und lehrte Prof. Dr. Günther Thomé in den Bereichen Sprachwissenschaft des Neuhochdeutschen und Sprachdidaktik an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Gemeinsam mit seiner Ehefrau, der Diplom-Pädagogin Dr. Dorothea Thomé, gründete er das Institut für sprachliche Bildung in Oldenburg, zu dem auch ein Verlag gehört, der unter anderem Lesehefte für Erstleser und leseschwache Kinder herausbringt.

Fazit: Ein unterhaltsames Buch zum Thema Schriftspracherwerb, das eine breite Leserschaft anspricht – Lehrer, Lehramtsstudenten, Therapeuten, aber auch Laien.

 

 

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