Der Sprachabschneider

Hans Joachim Schädlich
Verlag Rowohlt Taschenbuch

Ab 10 Jahren/WM/Lesbarkeit: einfach / Textumfang: (64 Seiten)

Paul hat Phantasie. Er möchte träumen, muss aber morgens aufstehen, zur Schule gehen, Schularbeiten machen. Dann geschieht etwas. Ein Mann sagt: «Ich übernehme eine Woche deine Hausaufgaben.» Dafür soll Paul ihm ein bisschen von seiner Sprache abgeben. Das ist der Beginn eines großen Abenteuers. Paul merkt zu spät, worauf er sich eingelassen hat. Quelle: Verlag Rowohlt Taschenbuch

Leseempfehlung

von Sabine Kruber

Paul hat viel Phantasie und träumt gerne, weswegen er morgens auch freiwillig früher zur Schule aufbricht, um nicht zu spät zu kommen. Aber ein Streber ist Paul nicht. Paul mag, sowie die meisten Kinder, keine Hausaufgaben. Dafür spielt er gerne Fußball, geht gerne ins Schwimmbad oder in den Zirkus. Da kommt ihm das verlockende Angebot von einem seltsamen Mann, der sich Vielolog nennt, doch gerade recht. Der bietet Paul nämlich an, eine Woche lang seine Hausaufgaben zu machen. Dafür möchte er von Pauls Sprache alle Präpositionen und die bestimmten Artikel haben. Paul macht sich keine Gedanken, welche Auswirkungen das für ihn haben könnte und lässt sich auf das Geschäft ein.
Zuerst glauben alle um Paul herum, es wäre eine Masche von ihm, so ohne Präpositionen und bestimmte Artikel zu sprechen. Paul merkt schon, dass er sich nicht mehr so gut verständigen kann, aber trotzdem – die Woche ohne Hausaufgaben geht einfach viel zu schnell vorbei. Und so lässt er sich noch mal auf ein Geschäft mit Vielolog ein. Diesmal soll Paul ihm seine Verbformen geben, nur den Infinitiv darf er behalten.
Nun fangen die Klassenkameraden an, ihn auszulachen, und die Lehrer werden ärgerlich, wenn Paul spricht. Für seine Klassenarbeiten gibt es schlechte Noten, weil er sich nicht mehr richtig ausdrücken kann, und die Eltern machen sich auch langsam Sorgen. Paul wird zwar durch seinen Sprachverlust immer unglücklicher, trotzdem lässt er sich noch ein weiteres Mal auf Vielolog ein, der nun immer den ersten Konsonanten einer Konsonantenverbindung am Wortanfang von ihm haben will. Paul fühlt sich immer elender. Erst mit der Hilfe seines Freundes Bruno kann er sich Vielolog entgegenstellen.

Der Sprachabschneider ist eine sehr kurzweilige und spannende Lektüre, die sowohl Jungen wie Mädchen anspricht, weil sich wohl jedes Schulkind wünscht, jemand möge seine Hausaufgaben übernehmen. Hinzu kommt, dass der Textumfang (L) sehr überschaubar ist und durch zahlreiche Illustrationen unterbrochen wird. Obwohl das Buch nicht in Kapitel unterteilt ist, kommt man nach einer Unterbrechung, dank der Illustrationen, immer wieder gut in die Handlung hinein.
Das Buch eignet sich aufgrund seiner einfachen Lesbarkeit und der größeren Schrift (die jedoch eine Serifenschrift ist) auch sehr gut als Schullektüre in Klassen mit leseschwachen Kindern. Für den Deutschunterricht gibt es sogar Begleitmaterial zur Lektüre.
Hervorragend lässt sich Der Sprachabschneider auch in den Grammatikunterricht einbauen. Das Lernen der Wortarten muss nicht trocken und langweilig sein. Viel besser lernt es sich durch Selbsterfahrung und es macht durchaus Spaß, Dialoge zu führen, bei denen man zum Beispiel Verben nur im Infinitiv sprechen darf.

Das Buch erschien bereits 1980. Der Autor Hans Joachim Schädlich durfte in der ehemaligen DDR seine Texte nicht veröffentlichen, da er sich darin auch kritisch mit dem DDR-Regime auseinandersetzte. Auf der Seite der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung lässt sich dies auch bezüglich des Buchs Der Sprachabschneider nachlesen. Gerade in diesem Zusammenhang kann die Lektüre auch noch für Jugendliche interessant sein.
1977 durfte Hans Joachim Schädlich in die Bundesrepublik Deutschland ausreisen.

Der Sprachabschneider ist jedoch nicht ausschließlich eine Schullektüre. Und daher empfehle ich allen Sprachbastlern und -forschern: Lümmeln euch Sofa und lesen! Machen Paß!