Er ist wieder da
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Er ist wieder da

Timur Vermes
Bastei Lübbe Verlag

Alter: Jugendliche und Erwachsene /WM/ Lesbarkeit: normal-anspruchsvoll /Textumfang: XXL (396 Seiten)

Sommer 2011. Adolf Hitler erwacht auf einem leeren Grundstück in Berlin-Mitte. Ohne Krieg, ohne Partei, ohne Eva, dafür unter Tausenden von Ausländern und Angela Merkel. 66 Jahre nach seinem vermeintlichen Ende startet er gegen jegliche Wahrscheinlichkeit eine neue Karriere im Fernsehen. Dieser Hitler ist keine Witzfigur, sondern erschreckend real. Und das Land, auf das er trifft, ist es auch: zynisch, hemmungslos erfolgsgeil und vollkommen chancenlos gegenüber dem Demagogen und der Sucht nach Quoten, Klicks und »Gefällt mir!«-Buttons.Quelle: Bastei Lübbe

Leseempfehlung

von Sabine Kruber

Er ist wieder da! Als dieses Buch 2012 erschien, gingen die Meinungen auseinander. Darf man über Hitler lachen? Darf man satirisch über Hitler schreiben? Wird Hitler in diesem Buch verharmlost? Oder handelt es sich bei dem Buch um eine entlarvende Gesellschaftssatire über das heutige Deutschland und seine Menschen?
Bei diesen Fragen gibt es sicherlich keine richtigen oder falschen Antworten, aber das Buch hat es auf alle Fälle geschafft, die Leser dazu zu bringen, ihr eigenes Verhältnis zu Hitler und dem Nationalsozialismus näher zu betrachten.
Im Sommer 2011 erwacht Hitler plötzlich auf einem Berliner Brachgelände. Weder er noch der Leser weiß (und man wird es auch nicht erfahren), wie er dort hingekommen ist, um keinen Tag gealtert, seit dem Tag, an dem er Selbstmord beging.
Auch wenn die Situation für ihn irritierend ist, Hitler macht da weiter, wo er aufgehört hat, obwohl die äußeren Bedingungen mittlerweile völlig anders sind.
Zunächst wird er von einem Kioskbesitzer aufgenommen. Der hält Hitler für einen hervorragenden Komödianten, der seine Rolle voller Überzeugung spielt und auch niemals abzulegen scheint. So sehen es auch die beiden Agenten einer Produktionsfirma, die sein Talent als Comedian für das Fernsehen sofort erkennen. Auch wenn Hitler immer wieder erklärt, keine Rolle zu spielen, sondern er wirklich der echte Hitler sei, glaubt ihm dies kein Mensch.
Und so beginnt Hitlers kometenhafter Aufstieg im deutschen Fernsehen und im Internet. Die neuen Möglichkeiten begeistern ihn, kann er sie doch, wie schon damals, als Vehikel nutzen, um sein Deutsches Reich wieder aufzubauen. Mit so viel Medienaufmerksamkeit macht er sich ans Werk, verbreitet sein Weltbild, nimmt die heutige deutsche Gesellschaft, die Medien und die Politiker verbal auseinander und erntet dafür Beifall. Oft genug trifft er einen Nerv und selbst als Leser ertappt man sich dabei, ihm recht zu geben, was sehr unangenehm ist, sobald man es merkt.
Bald schon hat Hitler eine eigene Show im Fernsehen, wo sich Prominente und Politiker die Klinke in die Hand geben und genauso wenig wie das Publikum merken, dass sie sich von ihm vor den ideologischen Karren spannen lassen. Die einzigen, die ihm nichts abgewinnen können und denen er auch nichts abgewinnen kann, sind die Rechten selber. Als er von ihnen verprügelt wird, stehen hinterher selbst Politiker an seinem Krankenbett und bitten ihn, in ihre Parteien einzutreten, ein Verlag will seine Geschichte rausbringen, Hitler wird für den Grimmepreis nominiert. Und noch immer hält ihn keiner für den echten Hitler und keiner durchschaut, was er im Schilde führt.
Anders natürlich der Leser. Er weiß sehr wohl, dass es sich um den echten Hitler handelt. Doch wie schon gesagt, ertappt man sich häufig dabei, ihm recht zu geben. Die Frage drängt sich auf, ob es wirklich so sein kann, dass im heutigen Deutschland ein charismatischer Demagoge die Menschen für sich begeistern kann, ohne dass sie merken, welchen gefährlichen Gedanken sie da aufsitzen. Hitler kommt in dem Buch durchaus sympathisch rüber. Das ist vom Autor so gewollt und genau das ist es, was sich beim Lesen extrem unangenehm anfühlt. Hält der Autor dem Leser doch vor Augen, dass er keineswegs davor gefeit ist, solch einem Menschen nicht auf den Leim zu gehen. Noch extremer kommt dies in der Verfilmung des Buchs rüber. Da wird der Schauspiel-Hitler nicht fiktiv, sondern wirklich auf die Straße geschickt, um sich mit den Menschen zu unterhalten. Der Film enthält einige Interviews, bei denen einem das Lachen im Halse stecken bleibt, wenn man sieht, wie die Leute reagieren.
Nachvollziehbar wird auf alle Fälle, wie Hitler die Menschen damals für sich gewinnen konnte. Timur Vermes hat sich sehr mit der Sprache und der Rhetorik Hitlers beschäftigt. Hitlers Gedanken und Argumente adaptiert er für die heutige Zeit, knüpft an aktuelle gesellschaftliche und politische Entwicklungen an und zeigt auf, wie Hitler sich politische und soziale Unzufriedenheit zunutze macht. Das Buch wird übrigens konsequent aus der Ich-Perspektive Hitlers erzählt.
Wir leben heute in einer Zeit, wo Demagogen und Fakenews (die man damals noch nicht so nannte) wieder salonfähig werden. Alleine schon deshalb ist dieses Buch empfehlenswert. Es sensibilisiert für diese gefährlichen Entwicklungen.
Auch wenn man beim Lesen dieses Buchs oft lacht, im Endeffekt hinterlässt es bei einem ein beklemmendes Gefühl.
Um dieses Buch lesen zu können, braucht es auf alle Fälle eine gute Lesekompetenz. Die Lesbarkeit ist normal bis anspruchsvoll. Vor allem Hitlers lange, verschachtelte Sätze sind nicht einfach zu lesen. Zusätzlich sollte man auch etwas Hintergrundwissen über Hitler und das 3. Reich haben, da sonst viele Anspielungen nicht verstanden werden.
Wer sich aber in der Welt der Bücher schon gut zurechtfindet und mit einer normalen Lesbarkeit keine Probleme mehr hat, der kann sich auch ruhig an dieses Buch wagen. Begleitend kann man auch das Hörbuch und/oder den Film mit hinzunehmen. Lesern, die Probleme mit der visuellen Wahrnehmung und Verarbeitung haben, empfehle ich das E-Book.
Das Buch bringt einen auf alle Fälle zum Nachdenken und es entsteht Redebedarf. Von daher ist es auch gut für höhere Schulkassen oder Lesegruppen geeignet. Hier passt es natürlich sehr gut in den Themenkomplex 3. Reich hinein, aber auch wenn es um Themen wie Demagogen und Fake News geht.

Fazit: Ein Buch, bei dem einem das Lachen oft im Halse stecken bleibt und man unbehaglich feststellt, Hitler zuzustimmen und damit einem Demagogen auf den Leim zu gehen. In der heutigen Zeit, wo Fake News und Demagogen wieder salonfähig werden, absolut empfehlenswert.