Melin - Leben mit Legasthenie und wie man damit umgeht

Rahel Messerli
Luftschacht Verlag

Alter: 8-99 Jahre /WM/ Lesbarkeit: einfach - normal/ Textumfang: L (64.)

Eigentlich hat sich Melin auf die Schule gefreut. Und am Anfang ist es auch gar nicht aufgefallen, weil da macht ja jede*r Fehler. Aufgefallen ist es erst ein wenig später, als sie alle schon etwas größer waren. Melin konnte sich noch so Mühe geben: Ob ein Wort mit i oder mit ie, mit h oder ohne h geschrieben wird, ob das Wort ein s oder ein Doppel-s hat, für sie sah das alles gleich aus. Da glaubte sie dann, dass sie dumm sei, weil alle anderen konnten richtig schreiben und lesen, nur sie nicht. Quelle: Luftschacht Verlag

 

Leseempfehlung

von Sabine Kruber

Am Anfang war es noch schön. Melin hat sich auf die Schule gefreut, so wie all die anderen Kinder auch. Und als es mit dem Lesen und Schreiben losging, war zuerst auch noch alles normal. Alle Kinder haben noch viele Fehler gemacht, da sind Melins Fehler gar nicht aufgefallen. Aber es hat nicht lange gedauert und die anderen Kinder haben schon nicht mehr so viele Fehler gemacht und sie haben auch besser gelesen. Melin fällt immer weiter hinter den anderen zurück. So sehr sie sich anstrengt, so sehr sie sich bemüht, es wird einfach nicht besser mit dem Lesen und Schreiben. Ihr Lehrer ist da auch keine Hilfe. Von ihm bekommt sie nur zu hören, dass sie das besser kann, dass sie einfach noch mehr üben muss. Oder aber, er sagt, dass sie vielleicht eine Brille braucht, aber eine Brille braucht Melin nicht. Erst als sie ganz am Boden ist, ziehen die Eltern die Reißleine und suchen einen Experten auf. Und hier erfährt Melin das erste Mal, dass sie nicht dumm ist, sondern dass das, was sie hat, Legasthenie genannt wird. Der Experte erklärt ihr (und somit auch den Lesern) nun ganz genau, was es damit auf sich hat. Melin bekommt daraufhin eine Förderung bei Frau Biberli und hier blüht sie richtig auf. Der Druck fällt von ihr ab und es kommt langsam zu Fortschritten. Ganz weg geht die Legasthenie zwar nicht, aber Melin lernt, damit zu leben und ihren Weg zu gehen.

Die Geschichte von Melin zeigt, wie schwer es Kinder mit Legasthenie haben oder besser gesagt, wie schwer es ihnen gemacht wird. Oft müssen sie viel zu lange warten, bis sie endlich eine adäquate Förderung erhalten.
Das Buch ist eine Graphic Novel und eine Mischung aus einer erzählten Geschichte und einem Sachbuch. Es ist berührend und auch ganz schön bitter. Als Melin an ihrem Tiefpunkt angekommen ist und wirklich völlig verzweifelt ist, sieht man eine schwarze Doppelseite. Aber die Geschichte hat auch ihre humorvollen Momente und regt zum Schmunzeln an. Melin wächst einem beim Lesen so richtig ans Herz.
Der Sachbuchanteil ist geschickt in die Geschichte hineingeflochten. Durch den erzählenden Teil und den Sachbuchanteil kann man sehr schön sehen, dass Legasthenie keine Behinderung sein muss. Anhand Melins Lebensweg lässt sich sehr gut erkennen, dass auch mit Legasthenie alle Lebenswege offen stehen. Als unterstützendes Beispiel gibt es eine Doppelseite, auf der viele legasthene Prominente aus den unterschiedlichen Bereichen zu sehen sind.
Das Buch richtet sich an Kinder ab 6 Jahren. Ich halte dies für zu früh, denn auch wenn das Thema Legasthenie locker erklärt wird, so fallen hier doch viele Begriffe und auch Lerninhalte, die ein sechsjähriges Kind noch nicht gehabt hat. Kinder ab 8 Jahren kommen mit dem Thema wahrscheinlich schon besser zurecht, vor allem, wenn sie selbst betroffen sind. Empfehlenswert ist das Buch auf alle Fälle für alle Erwachsenen, denn es ist erschreckend, wie viele Legasthenie noch immer mit einem „Sie/Er muss sich einfach mehr anstrengen“ abtun.

Das Bild-Textverhältnis liegt schwerpunktmäßig auf der Bildseite. Die wenigen Sätze sind locker über die Seiten verteilt. Die Sachtextanteile sind jedoch etwas umfangreicher. Die Schriftart im Buch ist Open-Dyslexic. Diese Schriftart wurde speziell für legasthene Menschen entwickelt. Das Buch richtet sich also auch direkt an legasthene Menschen. Hier liegt auch mein einziger Kritikpunkt an dem Buch. Die Schrift ist häufig einfach viel zu klein gedruckt und dies auch noch in Pastelltönen. Zum Teil steht die Schrift auch auf einem sehr unruhigen Hintergrund. Dies ist für legasthene Menschen sehr schlecht zu lesen.

Die Lesbarkeit liegt bei Normal (was durch den Sachtextanteil zustande kommt). Melins Geschichte hat hingegen eine einfache bis sehr einfache Lesbarkeit. Wer also Schwierigkeiten mit dem Lesen hat, dem empfehle ich einen Lesepartner, der die Sachtextanteile vorliest.

Fazit: Ein tolles Buch, das sehr locker aufzeigt, was Legasthenie bedeutet und dass dies nicht zwangsläufig zu Einschränkungen im Leben führen muss. Wichtig ist, dass Kinder schnell die richtige Förderung erhalten.

 

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